erschienen in der WLZ am 09.09.2014
Nick Hornby, der Altmeister der britischen Popliteratur, hat mit „A long way down“ ein besonderes Buch der leisen Töne geschaffen, das trotz aller Ernsthaftigkeit des Themas nichts an typisch britischem schwarzem Humor und leisem Sarkasmus vermissen lässt. Unlängst verfilmt konnte dieses Buch bei der letzten Berlinale Erfolge feiern und rückt wieder neu entdeckt in den Fokus der Leserschaft.
Worum geht es in diesem Buch? Zunächst um komplett unterschiedliche Menschen, die sich in einer extrem ungewöhnlichen Situation treffen. Denn ihnen ist nur eines gemeinsam: Sie möchten sich in der Silvesternacht das Leben nehmen und treffen sich zu diesem Behufe zufällig auf dem Dach eines Hochhauses.
Dort gerät man ins Plaudern – skurril genug, denn wer ist schon bereit für ein Plauderstündchen, angesichts des Selbstmords? Aber wir lernen zunächst die Charaktere kennen und sie einander: Martin Sharp (Talkmoderator, der seine besten Zeiten hinter sich hat), Maureen (einsame Hausfrau), JJ (Rockmusiker ohne Erfolg) und Jess Crichton (schwererziehbarer Teenager). Gar nichts haben diese Menschen gemeinsam, aber sie beschließen, dem Leben noch bis zum Valentinstag eine Chance zu geben und sich gegenseitig dabei beizustehen.
Verwicklungen sind vorprogrammiert, Missverständnisse ebenfalls, und jeder der Selbstmörder erhält die Chance, in das Leben der anderen hineinzuschauen – die Einblicke offenbaren neue Perspektiven und relativieren das eigene Dasein. Die Schicksalsgemeinschaft wird zur Selbsttherapie.
Die Zeit bis zum Valentinstag verfliegt und der Stichtag rückt näher: Die Selbstmörder treffen sich in einem Pub gegenüber des für den Suizid auserkorenen Hochhauses. Sie steigen hoch – springen sie oder nicht? Noch nicht jedenfalls – denn das Leben bekommt noch eine weitere Chance von diesmal sechs Monaten. Und dann? Man wird sehen.
A long way down – der lange Weg nach unten muss nicht den freien Fall in den Tod bedeuten. Hier ist es der lange Weg zurück ins Leben: eine Hommage an das Leben im Angesicht des Suizids. Sarkastisch, böse und immer mit der Prise Humor versehen, die Nick Hornbys Werke so unverwechselbar macht.
Katrin Scheiding
Nick Hornby. A long way down
Roman, Kiepenheuer & Witsch 2013, 352 S., 9,99 €